Hier meine Geschichte, wie mein Wort für 2023 zu mir gekommen ist. Es ist eine von vielen Möglichkeiten, wie das passieren kann und wie es mir passiert ist, ist ziemlich eindrücklich.
Am 18.12.2022 habe ich meinen Weihnachts-Newsletter mit dem Wort/Wert für 2023 fertiggestellt und versendet. In der darauffolgenden Woche hatte ich mich mit Ursi, meiner Lebensgefährtin, in Aschaffenburg beim Optiker verabredet, da wir beiden unsere neuen Brillen abholen wollten. Wer mich kennt, weiß, dass ich nicht gerne in die Stadt gehe und schon gar nicht in der Woche vor Weihnachten. Aber da nach meiner Augen-OP die Werte meiner Brille nicht mehr gestimmt haben, habe ich mich auf das bessere Sehen gefreut und wir wollten das Ganze noch mit einem Besuch auf dem Weihnachtsmarkt verbinden, um dort Dinnele zu essen - und die Dinnele auf dem Weihnachtsmarkt sind richtig gut... Also bin ich abends nach Aschaffenburg gefahren.
Wir waren für 17:00h verabredet und ich bin etwas spät aus der Firma raus. Ich habe im Parkhaus der Stadthalle geparkt und bin dann strammen Schrittes Richtung Innenstadt zum Optiker. Nicht nur in dieser Zeit stehen häufiger Organisationen gegenüber der Deutschen Bank, die mit dir ins Gespräch kommen wollen, um ihr Projekt vorzustellen. Und das ist auch mir an dem Abend passiert. Die Fußgängerampel an der Stadthalle springt auf grün, ich starte durch und werde sofort auf der anderen Straßenseite von einem jungen Mann angesprochen. Und jetzt kommt's: Er sagt: "Darf ich den missmutig schauend Herrn...". Den Rest des Satzes habe ich nicht mehr wahrgenommen, ich habe abgewunken und bin einfach weiter. Aber der „missmutig schauende Herr“, das hat noch lange in mir gearbeitet. Es hat mich direkt ins Mark getroffen. Ich missmutig? Wie kommt der denn darauf?
Ich habe mir angewöhnt, Dinge, die mich länger belasten und nicht aus meinem Kopf gehen, zu hinterfragen. So habe ich mir abends Zeit genommen, bin in die Ruhe gegangen und habe mich gefragt, warum das jetzt zu mir kommt und warum der junge Mann das zu mir gesagt hat. Weshalb hat mich diese Ansprache so sehr bewegt? Eins ist klar: Ich habe das in dem Moment ausgestrahlt und der junge Mann hat mir das nur aus seiner Perspektive reflektiert. Das war in dem Augenblick unangenehm, aber ich bin für solche Hinweise immer offen, da ich mich sonst nicht ändern kann. An dieser Stelle nochmals herzlichen Dank an den jungen Mann!
Als ich weiter darüber nachgedacht habe, wurde mir bewusst, dass ich schon länger etwas missmutig war. Einige Momente aus dem Jahr kamen hoch, die für mich frustrierend und ent’täuschend‘ waren und die ich bis dahin noch nicht richtig verarbeitet hatte. So sind 2 starke Gruppen, die ich in der ‚Corona-Zeit‘ aufgebaut hatte und die sich während der Zeit des Lockdowns und der Einschränkungen nicht nur gegenseitig, sondern auch anderen Menschen Kraft und Hoffnung gegeben haben, mehr oder weniger sofort zusammengebrochen, als man sich wieder frei bewegen konnte. Plötzlich war der Kinobesuch, das Essen im Restaurant, das Reisen und andere nach Außen gerichtete Aktivitäten wieder wichtiger als die Innensicht und die Arbeit für Andere.
Nochmals herzlichen Dank an den jungen Mann. Ohne ihn hätte ich das wahrscheinlich noch länger unbewusst in mir getragen und es hätte mich weiter beeinflusst. Jetzt kann ich das alles mit Abstand betrachten und die positiven Momente herausziehen. Denn es gab jede Menge guter und mutiger Momente für mich im letzten Jahr, für die ich unendlich dankbar bin.
Und jetzt zum Eigentlichen: Mein Wort/Wert für 2023 ist "LEBENSFREUDE".
Für mich bedeutet Lebensfreude, im Moment zu Leben und Dinge zu tun, die mir Spaß machen, mit Menschen, mit denen ich gerne zusammen bin und die sich gegenseitig inspirieren und Energie geben. Vielleicht werde ich das eine oder andere Mal dennoch wieder missmutig dreinschauen, aber sobald ich mein Handy benutze, erinnert mich mein Hintergrundbild daran, worauf ich mich dieses Jahr konzentrieren möchte.
Ich freue mich auf Eure Erfahrungen.
Autor: Michael Louis